Michelangelo Buonarotti

1475 -  1564

 

 

In Übertragungen von

Richard Zoozmann

 

 

 

Dante

 

I.

 

Vor seiner Größe muß das Wort verlieren,

Den Blinden war sein Licht zu hell entbrannt;

Leicht tadelt man das Volk, das ihn verkannt,

Lorbeer sucht seinen Wert umsonst zu zieren.

 

Stieg er nicht zu des Irrtums Nachtrevieren,

Uns zu belehren, der zu Gottes Land

Des Himmels Tore unverschlossen fand?

Er! dem die Vaterstadt verschloß die ihren!

 

Danklose Stadt, dir selbst zum Schimpf zu dienen,

Hast du als Unglücksborn, als überreicher,

dem besten Sohn kredenzt die herbste Pein.

 

Nur dies vernimm: ein Stachel soll dir’s sein.

So würdelosen Bann trug nie ein Gleicher,

Wie nie ein Größrer je, als er, erschienen!

 

 

II.

 

Er stieg vom Licht hinab zum tieffsten Grunde,

Sah beide Höllen, dann den Flug zu wagen

Zu Gott empor, begeistrungsvoll getragen,

Und gab der Welt davon erhabne Kunde,

 

Und ließ, ein Stern, mit Glanz und Kraft im Bunde,

Ewge Geheimnisse uns Blinden tagen;

Und ihm wie allen, die als Helden ragen,

Ward schnöder Löhn auf diesem Erdenrunde!

 

Ach! daß sein werk, von heilgem Drang geboren,

Ins Herz dem argen Volke Ehrfurcht flöße!

Doch dem Verdienst wird Undank zum Gewinn.

 

Wär ich wie er zu gleichem Los erkoren:

Für harten Bann gäb ich mit seiner Größe

Das höchste Glück der Erde freudig hin!